Imaging of Matter
Schnittstellen zum Gehirn: Das Potential der Nanotechnologie
20. März 2025

Foto: UHH/Florian Schulz
Welche Ansätze gibt es, das menschliche Gehirn mit einer Maschine zu verbinden? In einer Studie, die in der Fachzeitschrift ACS Nano erschienen ist, untersucht ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Wolfgang Parak vom Fachbereich Physik der Universität Hamburg die Forschungsansätze im Bereich der Nanotechnologie unter Berücksichtigung multidisziplinärer Perspektiven.
Zentrales Ziel der Neurotechnologie ist es, das menschliche Gehirn in irgendeiner Form mit einem Gerät zu verbinden. Die Vorstellungskraft ist jedoch oft durch die jeweiligen Paradigmen und Technologien eingeschränkt. Im Laufe der Zeit haben sich die Vorschläge für Gehirn-Maschine-Schnittstellen ebenso wie die verfügbare Technologie immer wieder verändert. Unser Gehirn ist jedoch so komplex, dass alle Visionen bis vor kurzem weitgehend unerreichbare Träume blieben. „Das Problem ist, dass die meisten unserer Technologien mechanisch und elektrisch sind, während das Gehirn eine lebendige, dynamische Einheit ist“, sagt Prof. Wolfgang Parak vom Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik und Forscher im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“.
Doch jetzt könnte die Nanotechnologie neue Zugänge bieten: Sie umfasst konstruierte Festkörper und integrierte Schaltkreise und zeichnet sich durch kleine Längenskalen von einigen wenigen bis zu einigen hundert Nanometern aus. Das entspricht der Größe von Biomolekülen, Biomolekülverbänden und Teilen von Zellen, sodass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Nanomaterialien und Nanowerkzeugen eine Möglichkeit sehen, auf alternative Weise mit dem Gehirn in Kontakt zu treten.
Perspektiven und Grenzen
In der aktuellen Studie überprüfen die Forschenden - darunter mehrere CUI-Gruppen - die vorhandene Literatur zum Einsatz von Nanotechnologie in Gehirn-Maschine-Schnittstellen und erörtern Perspektiven und Grenzen, wobei sie sich auf das Fachwissen einer Reihe sich ergänzender Disziplinen stützen, von den Neurowissenschaften, dem Ingenieurwesen, der Physik und Chemie bis hin zu Biologie und Medizin, Informatik und Mathematik sowie Sozialwissenschaften und Recht.
Dabei werden drei Hauptbereiche identifiziert, in denen die Nanotechnologie innovative Auswirkungen haben könne: Erstens würden sich Nanomaterialien aufgrund ihres großen Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen gut für die Bildung enger Kontakte zwischen Neuronen und den für die elektrische Verbindung benötigten Elektroden eignen. Zweitens seien kolloidale Nanopartikel hervorragende Wandler für die Umwandlung neuronaler Signale in andere Messwerte und umgekehrt. Nanomaterialien haben im Allgemeinen größere Wechselwirkungsquerschnitte mit optischen, magnetischen und elektrischen Signalen als organische Moleküle und sind als Signalüberträger bereits gut entwickelt. Drittens helfe die Nanotechnologie bei der Entwicklung von Modellsystemen, wie z. B. Brain-on-a-Chip-Ansätzen.
Zwar gebe es Überschneidungen mit anderen Technologien, etwa dem 3D-Druck, dennoch erwarten die Forschenden erhebliche Fortschritte durch die Nanotechnologie. Als Testplattformen könnten sie das Gehirn zwar nicht vollständig nachbilden, sie würden aber Screening-Ansätze mit hohem Durchsatz ermöglichen, die in In-vivo-Modellen nicht in demselben Maßstab durchgeführt werden könnten. Schon heute könne die Technologie zur Verbesserung medizinischer Behandlungen beitragen.
Originalpublikation
Abdullah A. A. Ahmed, Nuria Alegret, Bethany Almeida et al.
Interfacing with the Brain: How Nanotechnology Can Contribute
ACS Nano 2025, XXXX, XXX, XXX-XXX