Imaging of Matter
Die verborgene Rolle von Vakuumfluktuationen in Hohlraummaterialien
19. Juni 2025

Foto: J. M. Harms / MPSD
Forschende am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) haben theoretisch nachgewiesen, dass in einem optischen Hohlraum eingeschlossene Photonen detaillierte Informationen über ein darin platziertes Material tragen. Durch die Messung der Eigenschaften der aus dem Hohlraum austretenden Photonen konnten die Forschenden untersuchen, wie ein optischer Hohlraum die Eigenschaften der eingebetteten Materialien verändert. Diese Erkenntnis eröffnet neue Möglichkeiten für experimentelle Techniken zur Erforschung verschränkter Licht-Materie-Systeme. Die Arbeit des Teams wurde in Physical Review Letters veröffentlicht.
Gemäß den Grundlagen der Quantenmechanik ist der leere Raum nicht leer – er ist gefüllt mit Teilchen, die ständig in die Existenz hinein- und wieder herausspringen, ein Phänomen, das als Vakuumfluktuationen bekannt ist. Dieser Prozess ist in gewisser Weise analog zu Atomen an der Oberfläche von kochendem Wasser, die kontinuierlich in die Flüssigkeit hinein- und wieder herausspringen. Interessanterweise sind viele Eigenschaften magnetischer und isolierender Materialien empfindlich gegenüber diesen Fluktuationen. Obwohl der Mittelwert der Fluktuationen null ist, ist ihre Varianz endlich und kann das Materialverhalten erheblich beeinflussen.
Optische Hohlräume als attraktive Kontrollmethode
Durch die Verwendung hochwertiger Spiegel können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler optische Fallen – sogenannte optische Hohlräume – erzeugen, die Vakuumfluktuationen kontrollieren und dadurch die magnetischen oder elektrischen Eigenschaften eines darin platzierten Materials verändern. Diese Methode bietet eine leistungsstarke neue Möglichkeit, Materialien im thermischen Gleichgewicht zu kontrollieren, und stellt eine attraktive Alternative zu traditionellen Techniken dar, die auf Nichtgleichgewichtsbedingungen wie Laseranregung beruhen.
Die durch einen optischen Hohlraum induzierte Modifikation kann als geometrischer Einschlusseffekt verstanden werden: Da Photonen zwischen den Spiegeln hin- und herspringen und dabei immer wieder durch das Material hindurchgehen, führt dies zu einer effektiven Erhöhung der Kopplung zwischen Licht und Materie. Die Messung dessen, was im Inneren des Hohlraums geschieht, ist jedoch eine große Herausforderung bei dieser Art von Experimenten. Da diese Strukturen sehr klein sind, mit einer lateralen Größe in der Größenordnung von 1 Mikrometer, ist es sehr schwierig, einen Detektor im Inneren zu platzieren. Infolgedessen ist die experimentelle Verifizierung hohlrauminduzierter Modifikationen von Materialien seit langem ein Problem.
Austretende Photonen verraten wertvolle Informationen
In einer kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Studie schlagen Forschende des MPSD einen Weg vor, dieses Problem zu umgehen, indem sie die im Hohlraum eingeschlossenen Photonen nutzen, um etwas über die Eigenschaften der eingebetteten Materie zu erfahren. Wie sie zeigen, tritt ab und zu auf natürliche Weise ein Photon aus dem Hohlraum aus und trägt dabei wertvolle Informationen über das Material mit sich. Durch die Messung der Eigenschaften dieser emittierten Photonen zeigen die Forschenden, dass es möglich ist, das eingebettete Material zu untersuchen und hohlrauminduzierte Modifikationen zu studieren.
„Aufgrund der Wechselwirkungen zwischen Photonen und Materie werden den Photonen bestimmte Eigenschaften des Materialsystems aufgeprägt", erklärt Lukas Grunwald, Hauptautor und Doktorand am MPSD. Als Machbarkeitsnachweis betrachtete das Team den Zustand eines Wasserstoffmodells als Funktion des Magnetfelds. Mit zunehmendem Magnetfeld geht dieses System von einem nicht-magnetischen und verschränkten Zustand, einem sogenannten „Spin-Singlet-Zustand", in einen magnetischen Zustand über, der als „Spin-Triplet" mit endlicher Magnetisierung bezeichnet wird. „Überraschenderweise können wir diesen Übergang allein durch die Betrachtung der Anzahl der im Hohlraum eingeschlossenen Photonen ablesen", sagt Grunwald.
Vorhersagen sind mit optischen Interferometrie-Messungen überprüfbar
Die Forschenden untersuchten auch ein komplexeres Beispiel mit einem kleinen Cluster magnetischer Ionen, die mit einem Hohlraum wechselwirken. Auch in diesem Fall stellten sie fest, dass Eigenschaften des Materials in den Photonen kodiert sind. „Die möglichen magnetischen Zustände des Materials sind direkt in der Frequenzantwort der emittierten Photonen sichtbar", sagt Emil Viñas Boström, Co-Autor und leitender Postdoktorand am MPSD. „Das Spannende ist, dass sich diese Vorhersagen mit bestehenden optischen Interferometrie-Messungen überprüfen lassen."
Allgemeiner hofft das Team, dass diese bahnbrechenden Erkenntnisse genutzt werden können, um die Wechselwirkung zwischen Materialien und Hohlraumphotonen zu verstehen und wie Hohlraumfluktuationen den Materialzustand beeinflussen. „Wir stehen erst am Anfang des Verständnisses der Funktionsprinzipien dieser hybriden Systeme", sagt Angel Rubio, Direktor der Theorieabteilung am MPSD und Forscher im Exzellenzcluster "CUI: Advanced Imaging of Matter". „Unser Ziel ist es, nicht-klassische Lichtzustände zu nutzen, um Materialeigenschaften aufzudecken, die konventionellen spektroskopischen Techniken verborgen bleiben", fährt Rubio fort, „und letztendlich besser zu verstehen, wie Hohlraumfluktuationen zur Manipulation von Materie genutzt werden können". Text: MPSD, red.
Originalpublikation
L. Grunwald, E. Viñas Boström, M. K. Svendsen, D. M. Kennes, A. Rubio
Cavity spectroscopy for strongly correlated polaritonic systems
Physical Review Letters 134, 246901 (2025)