Imaging of Matter
Neue Abbildungsmethode eröffnet neuen Weg
26. April 2023

Foto: Fabian Trost
Einem internationalen Forschungsteam ist es erstmals gelungen, Röntgenstrahlen für ein bildgebendes Verfahren zu nutzen, das eine besondere Quanteneigenschaft des Lichts ausnutzt. Wie die Forschenden in ihrer soeben erschienenen Veröffentlichung im Fachjournal Physical Review Letters beschreiben, könnte dieses Verfahren die Abbildung nicht kristallisierter Makromoleküle ermöglichen.
Das Forschungsteam unter der Leitung von Henry Chapman, Professor an der Universität Hamburg und leitender Wissenschaftler bei DESY, nutzte sehr intensive Freie-Elektronen-Röntgenpulse des European XFEL, um Fluoreszenzphotonen zu erzeugen, die fast gleichzeitig am Detektor ankommen - in einem Fenster von weniger als einer Femtosekunde. Durch die Berechnung von Photonen-Photonen-Korrelationen der von den Atomen einer Struktur ausgesandten Röntgenfluoreszenz war es möglich, eine Abbildung der Emission zu erhalten.
Die Strukturen von Materialien und Makromolekülen werden in der Regel auf atomarer Ebene mithilfe der Röntgenkristallografie bestimmt. Während diese Technik auf kohärenter Röntgenstreuung beruht, können inkohärente Prozesse wie Fluoreszenzemission dominieren, obwohl sie keinen nützlichen Beitrag zur Beugungsmessung leisten. Stattdessen fügen sie den Messdaten einen funktionslosen Nebel oder Hintergrund hinzu.
Strukturelle Informationen aus der Fluoreszenz
Bereits in den 1950er Jahren wiesen zwei Astronomen nach, dass es tatsächlich möglich ist, strukturelle Informationen aus dem ausgesandten Licht von selbstleuchtenden Quellen - in ihrem Fall von Sternen - zu gewinnen. Die Methode von Hanbury Brown und Twiss, die sogenannte Intensitätsinterferometrie, öffnete eine neue Tür zum Verständnis des Lichts und begründete das Gebiet der Quantenoptik
Forschende der Universität Erlangen des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie und von DESY hatten kürzlich vorgeschlagen, die Intensitätsinterferometrie auf die atomar aufgelöste Bildgebung mittels Röntgenfluoreszenz zu übertragen. Die Herausforderung bei der Ausweitung dieser Idee auf Röntgenstrahlen besteht darin, dass die Kohärenzzeit der Photonen, die das verfügbare Zeitintervall für die Durchführung von Photonen-Photonen-Korrelationen bestimmt, extrem kurz ist. Sie wird durch die Strahlungsabklingzeit des angeregten Atoms bestimmt, die bei Kupferatomen etwa 0,6 Femtosekunden beträgt.
Jetzt hat die Gruppe zusammen mit Forschenden der Universität Uppsala und des European XFEL diese Herausforderung überwunden: Sie verwendete XFEL-Pulse mit einer Dauer von Femtosekunden, um Röntgenfluoreszenzphotonen innerhalb der Kohärenzzeit auszulösen. Die Forschenden erzeugten eine Quelle aus zwei fluoreszierenden Flecken in einer Kupferfolie und maßen die Fluoreszenz auf einem 8 Meter entfernten Detektor mit einer Million Pixel. Bei jedem Beleuchtungspuls wurden nur etwa 5000 Photonen erfasst, und die kumulative Summe über 58 Millionen Pulsen ergab lediglich eine unauffällige Gleichverteilung. Summierten sie jedoch stattdessen die Photonen-Photonen-Korrelationen, ergab sich ein Streifenmuster. Ähnlich wie beim berühmten Doppelspaltexperiment von Thomas Young ist dieses Streifenmuster der Beweis, der auf die Interferenz einzelner Röntgenphotonen hinweist. Dieses Streifenmuster wurde dann wie ein kohärentes Wellenfeld analysiert, um ein Bild der Fluoreszenzquelle zu rekonstruieren, das aus zwei gut voneinander getrennten Flecken besteht.
Die Photonen tragen verborgene Informationen
„Obwohl die Idee der Interferenz unabhängiger Wellen innerhalb der Kohärenzzeit klassisch verstanden werden kann und zum Beispiel bei der Interferenz von Radiosendern zu beobachten ist, haben wir es bei Röntgenstrahlen mit hochenergetischen Quanten zu tun“, erläutert Henry Chapman, der auch im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forscht. „Jedes Fluoreszenzphoton wird in einem einzigen Atom geboren, und diese Photonen werden dann in bestimmten Pixeln unseres Detektors lokalisiert. Diese Photonen tragen jedoch verborgene Informationen, die sich erst dann offenbaren, wenn ihre Photonen-Photonen-Korrelationen höherer Ordnung untersucht werden."
Die Forschenden hoffen nun, die neuartige Methode mit der Röntgenbeugung zu kombinieren, um einzelne Moleküle abzubilden. Die Fluoreszenz könnte Unterstrukturen liefern, die für bestimmte Atome und sogar bestimmte chemische Zustände dieser Atome spezifisch sind. Dies könnte dazu beitragen, die Funktionsweise wichtiger Enzyme zu entschlüsseln, die beispielsweise an der Fotosynthese beteiligt sind.
Originalpublikation
Fabian Trost, Kartik Ayyer, Mauro Prasciolu, Holger Fleckenstein, Miriam Barthelmess, Oleksandr Yefanov, J. Lukas Dresselhaus, Chufeng Li, Saša Bajt, Jerome Carnis, Tamme Wollweber, Abhishek Mall, Zhou Shen, Yulong Zhuang, Stefan Richter, Sebastian Karl, Sebastian Cardoch, Kajwal Kumar Patra, Johannes Möller, Alexey Zozulya, Roman Shayduk, Wei Lu, Felix Brauße, Bertram Friedrich, Ulrike Boesenberg, Ilia Petrov, Sergey Tomin, Marc Guetg, Anders Madsen, Nicusor Timneanu, Carl Caleman, Ralf Röhlsberger, Joachim von Zanthier, and Henry N. Chapman
“Imaging via Correlation of X-Ray Fluorescence Photons”
Phys. Rev. Lett. 130, 173201 (2023)
DOI: 10.1103/PhysRevLett.130.173201
Weitere Informationen: Physics Viewpoint (englisch)