Imaging of Matter
Quanteninspiriertes Rechnen bringt großen Fortschritt bei der Simulation von Turbulenzen
11. Februar 2025

Foto: AG Jaksch
Ein internationales Forschungsteam der Universitäten Oxford, Pittsburgh, Hamburg und Cornell hat einen neuen Ansatz zur Simulation turbulenter Systeme entwickelt, der auf Wahrscheinlichkeiten beruht. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlicht.
Die Vorhersage der Dynamik turbulenter Strömungen ist seit langem ein zentrales Ziel von Wissenschaftlerinnen und Ingenieuren. Doch mit Ausnahme der einfachsten turbulenten Strömungen ist eine direkte und genaue Simulation selbst mit moderner Rechentechnik nach wie vor nicht möglich. Dies liegt daran, dass Turbulenzen durch Wirbel und Strudel unterschiedlicher Form und Größe gekennzeichnet sind, die in chaotischer und unvorhersehbarer Weise miteinander interagieren. Für Anwendungen in der Technik oder in der Wettervorhersage können diese Fluktuationen selbst von den leistungsfähigsten Supercomputern nicht exakt simuliert werden.
Das Team, zu dem auch Prof. Dieter Jaksch vom Hamburger Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ gehört, gestaltete das Problem so um, dass eine direkte Auflösung und Simulation der turbulenten Fluktuationen vermieden werden können. Anstatt die störenden Fluktuationen direkt zu simulieren, modellierten sie diese als Zufallsvariablen, die gemäß einer Wahrscheinlichkeitsverteilungsfunktion verteilt sind. Die Simulation solcher Wahrscheinlichkeitsverteilungen ermöglichte es ihnen, alle sinnvollen Größen aus der Strömung zu extrahieren (z. B. Auftrieb und Widerstand), ohne sich um das Chaos der turbulenten Fluktuationen kümmern zu müssen.
Tensornetzwerke ermöglichen schnelle Berechnung
Normalerweise müssen für die Simulation der Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Turbulenzen hochdimensionale Fokker-Planck-Gleichungen gelöst werden, was mit klassischen Methoden nicht machbar ist. Um dieses Problem zu lösen, wandte das Team eine an der Universität Oxford entwickelte quanteninspirierte Rechentechnik an. Diese Methode verwendet „Tensornetzwerke“, um die Turbulenzwahrscheinlichkeitsverteilungen in einem hyperkomprimierten Format darzustellen, wodurch ihre Simulation möglich wird.
In der Studie benötigte der quanteninspirierte Rechenalgorithmus, der auf einem einzigen CPU-Kern läuft, nur wenige Stunden für eine Berechnung, wofür ein entsprechender klassischer Algorithmus auf einem Supercomputer mehrere Tage benötigen würde.
Diese Beschleunigung der Berechnungen ist jedoch nur der Anfang: In Zukunft werden wahrscheinlich noch viel größere Vorteile erzielt werden, wenn der von Quanten inspirierte Tensornetz-Algorithmus auf spezieller Hardware wie Tensor Processing Units und fehlertoleranten Quantenchips ausgeführt wird.
Den Forschenden zufolge stellt dieser Ansatz nicht nur die derzeitigen Grenzen der Turbulenzsimulation infrage, sondern öffnet auch die Tür zur Simulation anderer chaotischer Systeme, die probabilistisch beschrieben werden können.
Dr. Nikita Gourianov, leitender Forscher aus Oxford sagte: „Der nachgewiesene - und künftige - Rechenvorteil eröffnet nicht nur neue, bisher unzugängliche Bereiche der Turbulenzphysik für wissenschaftliche Untersuchungen, sondern lässt auch die nächste Generation von Codes für die numerische Strömungsmechanik erwarten. Diese könnten unsere Wettervorhersagen verbessern, unsere Autos aerodynamischer machen, die Effizienz der chemischen Industrie steigern und vieles mehr.“ Text: University of Pittsburgh, ed.
Medien-Berichterstattung
CNN: Scientists make ‘rare advance’ in tackling the oldest unsolved problem in physics
Originalpublikation
Nikita Gourianov, Peyman Givi, Dieter Jaksch, and Stephen B. Pope
Tensor networks enable the calculation of turbulence probability distributions
Science Advances 11, 5