Imaging of Matter
Überblick zum Floquet-Engineering von Quantengasen
13. August 2021

Foto: UHH/Weitenberg, Simonet
Wie kann man ein System kontrollieren und ihm die gewünschten Eigenschaften geben? Eine wichtige Technik ist das periodische Treiben des Systems, auch Floquet Engineering genannt. Für ultrakalte Atome in optischen Gittern, die als experimentelle Plattform für Quantensimulation genutzt werden, hat sich diese Technik als sehr erfolgreich erwiesen, um neuartige Effekte wie zum Beispiel künstliche Eichfelder zu realisieren. Dr. Christof Weitenberg und Dr. Juliette Simonet vom Institut für Laserphysik der Universität Hamburg, von dem schon bedeutende Impulse zu diesen Entwicklungen stammen, haben nun einen Überblicksartikel im Journal Nature Physics vorgelegt.
Periodisches Treiben ist eine Möglichkeit, die Eigenschaften von Systemen zu ändern - oft mit verblüffenden Effekten: treibt man den Aufhängungspunkt eines Pendels sehr schnell, so kann das Pendel nun auch um die aufrechte Position herum oszillieren. Ganz ähnlich kann man in Quantensystemen durch die periodische Modulation verschiedener Parameter neue Eigenschaften induzieren. Bei ultrakalten Atomen in optischen Gittern gelingt dies zum Beispiel durch periodisches Gitterschütteln oder durch eine periodische Modulation der Wechselwirkungsstärke.
Da ultrakalte Atome eine besonders gute dynamische Kontrolle erlauben, wird das Floquet-Engineering hier zur Realisierung von verschiedensten Effekten eingesetzt. Von besonderem Interesse sind künstliche Eichfelder, an denen auch in Hamburg viel geforscht wird. Mit ihnen lassen sich die Auswirkungen von Magnetfeldern auf Festkörper, wie etwa der Quanten-Hall Effekt, auch mit neutralen Atomen studieren. In der Zukunft wird es darauf ankommen, das Heizen in den Floquet-Systemen zu unterdrücken, um stark korrelierte Systeme wie fraktionale Quanten-Hall Zustände oder auch dynamische Eichfelder zu studieren. Eine weitere aktiv verfolgte Richtung ist die Untersuchung von Effekten, die ausschließlich in Floquet-Systemen auftreten, etwa anomale Floquet-Phasen oder diskrete Zeitkristalle.
Im Exzellenzclusters "CUI: Advanced Imaging of Matter", in dem Weitenberg und Simonet forschen, spielen solche Floquet-Techniken eine wichtige Rolle für diverse Experimente mit ultrakalten Atomen, aber auch mit Festkörpersystemen, in denen beispielsweise intensive Terahertz-Strahlung Supraleitung oder topologische Phasen induzieren kann.
Der neue Überblicksartikel der Cluster-Forschenden erklärt die wichtigsten Konzepte und gibt eine Momentaufnahme dieses spannenden Forschungsfeldes.
Originalpublikation:
Christof Weitenberg und Juliette Simonet
“Tailoring quantum gases by Floquet engineering”
Nature Physics