Imaging of Matter
Anregung von Fermionen in ausgewählte höhere Bloch-Bänder schafft eine neue Generation von Quantensimulatoren
15. Juli 2021

Foto: AG Hemmerich
Zum ersten Mal haben Forschende der Universität Hamburg ein fermionisches Quantengas aus neutralen Atomen in ausgewählte höhere Bloch-Bänder eines optischen Gitters geladen. Die Arbeit schafft die Voraussetzungen für neue fundamentale Erkenntnisse über fermionische Suprafluidität in Gegenwart orbitaler Freiheitsgrade. Die Forschenden um Prof. Andreas Hemmerich vom Institut für Laserphysik und dem Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ berichten im Fachmagazin Pysical Review Letters über ihre Arbeit.
Optische Gitter sind synthetische Anordnungen von bosonischen oder fermionischen neutralen Atomen oder Molekülen, die in laserinduzierten periodischen Potentialen gefangen sind. Abgesehen von ihrer praktischen Verwendung in Atomuhren gelten sie als idealer Werkzeugkasten für die Quantensimulation kondensierter Materie. Besonderer Bedeutung kommt dabei fermionischen Teilchen zu, da sie die Rolle der in einem Gitter aus Ionenkernen tunnelnden und wechselwirkenden Elektronen übernehmen. Viele der faszinierenden Funktionalitäten wie Metall-Isolator-Übergänge, Supraleitfähigkeit oder magnetoresistiver Effekt beruhen jedoch auf orbitalen Freiheitsgraden.
Bisherige Techniken führten noch nicht zu den gewünschten Ergebnissen für die Vielteilchenphysik: So simulierten Forschende kürzlich orbitale Ein-Teilchen-Wellenfunktionen mit Elektronen im zweiten Band eines künstlichen quadratischen Gitters aus Kohlenstoffmonoxidatomen auf einer Kupferoberfläche. Es ist jedoch unklar, wie dieses Szenario für die Vielteilchenphysik erweitert werden könnte. Ein weiterer, natürlicher Ansatz, um in optischen Gittern mit fermionischen Atomen höhere Bloch-Bänder zu besetzten, besteht darin, ausreichend viele Atome zu laden. Dies führt jedoch zwangsläufig zu mehrfach besetzten Gitterplätzen und damit zu unerwünschten Stoßprozessen. Ein alternativer Ansatz, der für bosonische Atome entwickelt wurde, regt die Atome selektiv vom niedrigsten Band in ein gewünschtes höheres Zielband an und hält so die Gitterplatzlatzbelegung gering.
„Wir haben zum ersten Mal ähnliche Techniken verwendet, um fermionische optische Gitter mit orbitalen Freiheitsgraden zu bilden“, erklärt Hemmerich. Extreme Bandlebensdauern zeigen die besondere Robustheit des Systems, Impulsspektren bestätigen den orbitalen Charakter des Gitters. „Wir denken, dass die von uns beschriebenen Techniken sich für eine zukünftige Generation von Quantensimulatoren für elektronische Materie mit orbitalen Freiheitsgraden als äußerst nützlich erweisen werden“ so Hemmerich.
Originalveröffentlichung
M. Hachmann, Y. Kiefer, J. Riebesehl, R. Eichberger, A. Hemmerich
"Quantum degenerate Fermi gas in an orbital optical lattice"
Phys. Rev. Lett. 127, 21, 033201 (2021), highlighted as Editors' Suggestion