Imaging of Matter
Ein neuer lichtgesteuerter stabiler Datenspeicher
13. Oktober 2025

Foto: MPSD/Jörg Harms
Ferroische Materialien wie Ferromagnete und Ferroelektrika sind zentrale Bausteine der modernen Datenspeichertechnologie. Allerdings stoßen aktuelle Materialien an grundlegende Grenzen. Während Ferromagnete unter einer geringen Schaltgeschwindigkeit leiden, ist die ferroelektrische Polarisation meist instabil, da das umgebende Material eine deplolarisierende Reaktion hervorruft.
Eine neu entdeckte Klasse von Materialien, die nicht unter diesen Einschränkungen leiden, sind sogenannte Ferroaxiale. Sie bestehen aus elektrischen Dipolen, die sich entweder im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn um eine Achse winden, deren Drehrichtung sich jedoch nur sehr schwer verändern lässt. Forscher des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) und der Universität Oxford haben nun gezeigt, dass diese beiden stabilen ferroaxialen Zustände mit einzelnen ultrakurzen Blitzen zirkular polarisierten Terahertz-Lichts nach Bedarf umgeschaltet werden können. Diese Entdeckung begründet einen neuen Mechanismus, der zu lichtgesteuerten, ultraschnellen und stabilen Schaltung von ferroischen Zuständen führen könnte, und eine vielversprechende Grundlage für stabile Datenspeichertechnologien der nächsten Generation bildet.
Ferroische Materialien sind Feststoffe, die zwischen zwei stabilen Zuständen umgeschaltet werden können. Die bekanntesten Beispiele sind Ferromagnete, die in entgegengesetzte Richtungen magnetisiert werden können, und Ferroelektrika, die entgegengesetzte elektrische Polarisationen halten können. Da diese Zustände durch magnetische oder elektrische Felder leicht umschaltbar sind, werden diese ferroischen Materialien häufig in der Datenspeicherung und Elektronik eingesetzt. Ferroaxiale Materialien sind eine erst kürzlich entdeckte Ergänzung der ferroischen Familie. Sie beherbergen sie eine rotierende Ordnung elektrischer Dipole, die in zwei entgegengesetzte Richtungen im und gegen den Uhrzeigersinn ausgerichtet werden können, ohne dabei eine Magnetisierung oder elektrische Polarisation zu erzeugen. Dadurch sind diese Materialien sehr stabil und werden von externen Feldern nicht beeinflusst. Aus dem gleichen Grund sind sie auch sehr schwer zu manipulieren, was ihre Erforschung bisher eingeschränkt hat.
Vielversprechende Kandidaten für eine stabile und beständige Datenspeicherung
Das Forschungsteam unter der Leitung von CUI-Mitglied Andrea Cavalleri, verwendete zirkular polarisierte Terahertz-Lichtpulse, um zwischen ferroaxialen Domänen im Uhrzeigersinn und gegen den Uhrzeigersinn in dem Material Rubidium-Eisen-Dimolybdat (RbFe(MoO4)2) gezielt zu schalten. „Wir erzeugen ein synthetisches effektives Feld, das entsteht, wenn ein Terahertz-Impuls Ionen im Kristallgitter rotieren lässt“, sagt Zhiyang Zeng, Hauptautor dieser Arbeit. „Dieses effektive Feld kann an die ferroaxiale Ordnung koppeln, genau wie ein Magnetfeld einen Ferromagneten umschalten oder ein elektrisches Feld einen ferroelektrischen Zustand umkehren würde“, fügt er hinzu. „Durch Anpassung der Helizität oder Drehrichtung der zirkular polarisierten Lichtimpulse können wir selektiv eine Ausrichtung der elektrischen Dipole im oder gegen den Uhrzeigersinn stabilisieren“, fährt Mitautor Michael Först fort, „und so die Speicherung von Informationen in den beiden ferroaxialen Zuständen ermöglichen. Da ferroaxiale Materialien frei von depolarisierenden elektrischen oder magnetischen Streufeldern sind, sind sie äußerst vielversprechende Kandidaten für eine stabile und beständige Datenspeicherung.“
„Dies ist eine spannende Entdeckung, die neue Möglichkeiten für die Entwicklung einer robusten Plattform für die ultraschnelle Datenspeicherung eröffnet“, sagt Andrea Cavalleri. „Sie zeigt auch, wie die zirkulare Bewegung von Atomen im Kristallgitter eines Festkörpers, die erstmals 2017 in unserer Gruppe erzeugt wurden, sich zu einer neuen Ressource für die Steuerung exotischer Materialphasen entwickeln.“
Diese Arbeit wurde primär von der Max-Planck-Gesellschaft und dem Max-Planck-Graduiertenzentrum für Quantenmaterialien unterstützt, das Kooperationen mit der Universität Oxford fördert. Das MPSD erhält außerdem Fördermittel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft über den Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ gefördert. Das MPSD ist Partner des Center for Free Electron Laser Science (CFEL) mit DESY und der Universität Hamburg. Text: MPSD Hamburg, red.
Originalpublikation
Z. Zeng, M. Först, M. Fechner and A. Cavalleri et al.
Photo-induced nonvolatile rewritable ferroaxial switching
Science 390 (2025)