Imaging of Matter
Ultraschnelle Anregungen in korrelierten Systemen
25. Januar 2024

Foto: O. Smirnova, A. Lichtenstein
Ein internationales Forschungsteam hat eine neue Form der ultraschnellen mehrdimensionalen Spektroskopie entwickelt, in der sich mehrere Farben des Lichts zu einem ultrakurzen Laserpuls addieren. In der Fachzeitschrift „Nature Photonics“ berichtet das Team über die neue Methode.
„Stark korrelierte Festkörper sind komplexe und faszinierende Quantensysteme, in denen oft neue elektronische Zustände entstehen, insbesondere wenn sie mit Licht wechselwirken“, sagt Prof. Alexander Lichtenstein von der Universität Hamburg und dem European XFEL, der auch im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter" forscht. Zu den stark korrelierten Materialien gehören unter anderem Hochtemperatur-Supraleiter, bestimmte Arten magnetischer Materialien und untereinander verdrillte Quantenmaterialien. Sie stellen nicht nur eine Herausforderung für unser grundlegendes Verständnis des Mikrokosmos dar, sondern bieten auch Möglichkeiten für viele aufregende Anwendungen, die von der Materialwissenschaft über die Informationsverarbeitung bis hin zur Medizin reichen: Supraleiter werden zum Beispiel in Kernspintomografen eingesetzt.
Herausforderung für experimentelle und theoretische Werkzeuge
Aus diesem Grund ist das Verständnis des Zusammenspiels der verschiedenen elektronischen Zustände, die in stark korrelierten Materialien auftreten, sehr wichtig. Gleichzeitig stellen sie eine Herausforderung für unsere experimentellen und theoretischen Werkzeuge dar, da Umwandlungen zwischen diesen Zuständen häufig mit Phasenübergängen verbunden sind. Phasenübergänge sind Umwandlungen, die plötzlich und schnell auftreten können, insbesondere wenn das Material mit Licht wechselwirkt.
Wie sehen die Wege des Ladungs- und Energieflusses während eines solchen Übergangs aus? Wie schnell erfolgt er? Kann man ihn mit Licht steuern, um den Prozess zu gestalten? Und kann Licht das Material in einen Zustand bringen, in dem es sich unter den üblichen Umständen nicht befinden würde? Diese Fragen können mit leistungsstarken und empfindlichen Geräten wie dem Röntgenlaser am European XFEL in Schenefeld bei Hamburg und modernen optischen Werkzeugen der Attosekundenforschung untersucht werden (eine Attosekunde entspricht 10-18 Sekunden oder dem milliardsten Teil einer milliardsten Sekunde. In einer Attosekunde legt Licht beispielsweise weniger als ein Millionstel eines Millimeters zurück).
Neuer Ansatz zur Untersuchung ultraschneller Ladungsbewegungen
In seiner Arbeit stellt das internationale Team nun einen völlig neuen Ansatz vor, der es ermöglicht, die ultraschnelle Ladungsbewegungen zu beobachten und zu entschlüsseln, die durch kurze Laserpulse in einem stark korrelierten System ausgelöst werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten eine neue Form der ultraschnellen mehrdimensionalen Spektroskopie, in der sich mehrere Farben des Lichts zu einem ultrakurzen Laserpuls addieren. Die Spektroskopie im Subzyklusbereich zeigt das komplexe Wechselspiel zwischen den verschiedenen elektronischen Konfigurationen und dass ein Phasenübergang von einem metallischen in einen isolierenden Zustand in weniger als einer Femtosekunde stattfinden kann – also in weniger als einer Billiardstel Sekunde.
„Unsere Ergebnisse eröffnen einen Weg, ultraschnelle Prozesse in stark korrelierten Materialien zu untersuchen und gezielt zu beeinflussen“, sagt Prof. Olga Smirnova vom Max-Born-Institut und der TU Berlin, Preisträgerin des Mildred-Dresselhaus-Preises des Exzellenzclusters „CUI: Advanced Imaging of Matter". „Wir haben damit ein Schlüsselwerkzeug für den Zugang zu neuen ultraschnellen Phänomenen in korrelierten Festkörpern entwickelt, der über bisherige Methoden hinausgeht."
An der Arbeit waren Forschende des European XFEL, des Max-Born-Instituts in Berlin, der Universitäten Berlin und Hamburg, der Universität Tokio, des japanischen National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST), der niederländischen Radboud University, des Imperial College London und des Exzellenzclusters „CUI: Advanced Imaging of Matter" beteiligt. Text: XFEL, red.
Originalpublikation
V. N. Valmispild, E. Gorelov, M. Eckstein et al.
Sub-cycle multidimensional spectroscopy of strongly correlated materials
Nat. Photon. (2024)