Imaging of Matter
White Paper für das Zentrum für Molekulare Wasserforschung veröffentlicht
15. Juni 2021

Foto: CMWS
Mehr als 45 Institutionen aus Europa und weltweit haben sich zu einer Initiative für ein neues Forschungszentrum bei DESY zusammengeschlossen, um die vielen Geheimnisse eines sehr alltäglichen Stoffes zu lüften: Wasser. Nach drei Jahren intensiver Diskussion und Vorbereitung hat die Initiative heute ein White Paper (Weißbuch) veröffentlicht, das die Ziele und Aufgaben des neuen Zentrums für Molekulare Wasserforschung (Centre for Molecular Water Science, CMWS) beschreibt.
Wasser ist die elementare Substanz für das Leben auf unserem Planeten und spielt eine zentrale Rolle bei zahlreichen ökologischen und technologischen Prozessen im Alltag. Zugleich ist es eine der faszinierendsten chemischen Verbindungen, die viele Anomalien und Rätsel aufweist: Es dehnt sich bei Abkühlung aus, ist praktisch inkompressibel, hat eine ungewöhnlich hohe Wärmespeicherkapazität und gefriert unter bestimmten Umständen bei Erwärmung. Einige dieser überraschenden Eigenschaften sind essentiell für das Leben, wie wir es kennen.
Das vergleichsweise einfache Molekül überrascht die Wissenschaft auch heute noch – nach Jahrhunderten der Forschung. Viele seiner Eigenschaften und Eigenheiten sind noch nicht verstanden. Um Licht in die Geheimnisse des Wassers zu bringen, trafen sich in den letzten Jahren mehr als 300 Forschende aus über 20 Ländern in mehreren Workshops bei DESY, um die Forschungsagenda des neuen Zentrums CMWS zu diskutieren. Das CMWS ist ein Konsortium aus europäischen und internationalen Partnern, für das mehr als 45 Forschungsgruppen ihr Interesse an einer Beteiligung bekundet haben, darunter Gruppen der Universität Hamburg und des Exzellenzclusters "CUI: Advanced Imaging of Matter". Im jetzt veröffentlichten CMWS White Paper haben sie das wissenschaftliche Konzept und die Mission des Zentrums zusammengefasst.
Meilenstein in der CMWS-Geschichte
„Die Veröffentlichung des White Paper ist ein Meilenstein in der kurzen dreijährigen Geschichte des CMWS“, sagt Gerhard Grübel, Leitender Wissenschaftler bei DESY und führender Wissenschaftler im Exzellenzcluster "CUI: Advanced Imaging of Matter" und einer der Koordinatoren des CMWS. „Es beschreibt die Bandbreite des Zentrums, einer kollaborativen, disziplinübergreifenden Forschungsinitiative, die eine hochspezialisierte Laborinfrastruktur, fortschrittlichste experimentelle Techniken, führende Theorie- und Simulationswerkzeuge und modernste Photonenforschungsanlagen miteinander verbinden wird, um die wichtigsten Fragen der molekularen Wasserforschung zu beantworten.“ Diese wissenschaftlichen Herausforderungen, Vorarbeiten, Ziele, Methoden und Infrastrukturbedürfnisse wurden in den letzten drei Jahren von mehr als 140 Forschenden aus mehr als 15 Ländern identifiziert und sind in dem Dokument zusammengefasst.
Fünf strategische Säulen
Die Wissenschaft des CMWS ist in fünf strategische Säulen gegliedert, die von grundlegenden Eigenschaften des Wassers, beispielsweise dem Verständnis der Anomalien des Wassers aus seiner molekularen Struktur und Dynamik, über die Rolle des Wassers in Klima und Geowissenschaften bis hin zur Energieforschung und -technologie reichen. Ein Augenmerk liegt dabei auf dem Verständnis der chemischen Dynamik in Echtzeit und der Rolle des Wassers in der Biologie, z. B. bei der Faltung von Großmolekülen und der viralen und bakteriellen Infektion, die typischerweise in wässriger Umgebung stattfinden.
Ein zentraler Teil der wissenschaftlichen Aktivitäten des CMWS soll in einem neuen Forschungsgebäude auf dem Campus in Hamburg-Bahrenfeld mit DESY als Gastgeberlabor und koordinierendem Partner angesiedelt werden. Es wird Platz für Forschungsgruppen und eine eigene Laborinfrastruktur bieten. Zentraler Bestandteil des Konzepts ist der Zugang zu den hochmodernen Forschungslichtquellen von DESY und zum European XFEL. Außerdem soll es Infrastruktur-Hubs an anderen Standorten geben, die ergänzende oder weitere spezialisierte Möglichkeiten bieten, wie Kernspinresonanz- und laborgestützte Spektroskopietechniken.
„Mit der Veröffentlichung des White Papers wollen die CMWS-Wissenschaftler:innen ihre gemeinsame Forschung ausbauen“, sagt Melanie Schnell, Leitende Wissenschaftlerin bei DESY und ebenfalls Koordinatorin des CMWS. Im Rahmen eines Early Science-Programms (ESP), das von DESY und den CMWS-Partnern gemeinsam finanziert wird, wurden bereits wissenschaftliche Kooperationen gestartet. Für die Zukunft ist eine engere Zusammenarbeit über Memoranda of Understanding (MoU), Kooperationsverträge, den Aufbau von CMWS-Präparations- und Charakterisierungslaboratorien bei DESY und den Aufbau der ersten Infrastruktur-Hubs geplant. Text: DESY, red.