Imaging of Matter
Prof. Tais Gorkhover: Spezialistin für Bildgebung
25. April 2021

Foto: privat
Mitte vergangenen Jahres hat Prof. Tais Gorkhover ihre W3-Professur für „Experimentalphysik mit dem Schwerpunkt Röntgenphysik an Freie-Elektronen-Lasern“ am Fachbereich Physik angetreten und forscht nun auch als führende Wissenschaftlerin im Exzellenzcluster.
Prof. Gorkhover studierte Physik in Augsburg, Sevilla (Spanien) und Berlin. Sie promovierte an der Technischen Universität Berlin und forschte in dieser Zeit bereits an der Linac Coherent Light Source (LCLS), einem Röntgenlaser des SLAC National Laboratory in Kalifornien. „Die Anfänge der LCLS fielen mit meinen ersten Tagen als Doktorandin zusammen“, erzählt Tais Gorkhover. „Ich war bei einigen der ersten Strahlzeiten dabei und war an der frühen Inbetriebnahme der LCLS AMO-Experimentierstation beteiligt. Ich war sofort vom Pioniergeist des Labors gefesselt, wir haben die Geburt eines neuen Feldes miterlebten." 2013 erhielt sie ein Peter-Paul-Ewald-Stipendium der Volkswagen Stiftung und konnte damit nach ihrer Promotion als Gastwissenschaftlerin am LCLS weiterforschen. Ab 2017 arbeitete sie als Panofsky-Fellow am SLAC im PULSE Institut der Stanford University – sie war die erste Frau überhaupt, die das nach dem Gründungsdirektor des Labors benannte Fellowship gewinnen konnte. Für ihre wegweisenden Forschungsarbeiten erhielt sie 2018 den LCLS Young Investigator Award und den DOE Early Career Program Award des US-Energieministeriums.
Tais Gorkhover ist auf die Entwicklung neuer bildgebender Verfahren spezialisiert, die sehr schnelle Prozesse von winzigen Teilchen untersuchen können. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Entwicklung der sogenannten „Im-Flug-Holographie“. Diese spezielle Röntgenholographie konnte erstmalig hochauflösende Hologramme von Nanoviren erzeugen, die sich „im Flug“ befanden, also vorher nicht an einer Oberfläche fixiert wurden.
Prof. Gorkhover, ganz am Anfang Ihrer Karriere stand das Physikstudium in Augsburg. Wie kam es zu dieser Studienwahl?
Mein ursprünglicher Traum war es Klavier zu studieren, aber ich habe gemerkt, dass ich nicht gut genug bin, um eine erfolgreiche Konzertpianistin zu sein. Naturwissenschaften fand ich schon immer spannend und las schon als Kind viele Sachbücher. Da man beim Physikstudium am wenigsten auswendig lernen muss, fiel mir die Wahl nicht schwer.
Wer hat Sie besonders geprägt? Haben Sie Vorbilder?
Besonders geprägt wurde ich von den Menschen, die mich gefördert und unterstützt haben. Das waren/sind meine Familie, meine Lehrer und auch viele Kollegen. Im Rückblick finde ich, dass ich sehr großes Glück mit dem Umfeld hatte an mehreren Stationen meines Lebens. So bin ich mit meiner Familie als Habenichts nach Deutschland einwandert und wir sind am Anfang in einem Flüchtlingswohnheim in einem kleinen Dorf in Thüringen gelandet. Die Bewohner haben uns sehr herzlich aufgenommen, das war für mich eine sehr prägende Erfahrung. Die Kinder aus dem Dorf kamen zu uns zum Spielen, die Jugend zum Feiern, die Dorfschule hat für uns extra einen Deutschlehrer aus der nächsten Stadt bestellt. Heute weiß ich, dass diese Menschen selber nicht viele Ressourcen hatten und schätze ihren Einsatz umso mehr.
Mein größtes Vorbild ist eindeutig die Figur vom Doc aus dem Film „Zurück in die Zukunft“. So einen genialen Entdecker- und Erfindergeist, der sich nicht zu ernst nimmt, findet man selten!
Was ist das Besondere an Ihrer Forschung? Was fasziniert Sie daran?
Meine Forschung fokussiert sich auf die Weiterentwicklung von Bildgebungsverfahren und Visualisierung von Prozessen auf sehr schnellen Zeitskalen mit Röntgenstrahlung. Ich finde es sehr spannend an neuen Abbildungsmethoden zu arbeiten, weil man damit neue Perspektiven auf die Welt um uns herum ermöglicht. Menschen sind es gewohnt, die Welt mit Hilfe vom optischen Licht und Schallwellen wahrzunehmen. Röntgenstrahlen reizen mich deswegen, weil sie durch Dinge „durchblicken“ können und viel Information über die elementare Zusammensetzung der Materie bieten können.
Persönlich finde ich es auch sehr spannend, Experimente an internationalen Großforschungsanlagen in den USA, Asien und Europa durchführen zu dürfen. Es ist immer faszinierend zu sehen, wie unterschiedlich erfolgreiche Herangehensweisen an Experimente sein können.
Was macht für Sie eine gute Wissenschaftlerin, einen guten Wissenschaftler aus?
Ich denke, dass sie sehr unterschiedliche Stile haben zu forschen und zu arbeiten, aber es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten. In meinen Augen müssen sie ihr Leben lang neugierig bleiben und auch manchmal bereit sein, die eigene Komfortzone zu verlassen. Außerdem finde ich es sehr wichtig, dass sie sich um den wissenschaftlichen Nachwuchs kümmern und ihre Kompetenz an die Öffentlichkeit weitergeben.
Was sind Ihre Ziele für die nächsten zwei Jahre?
In den nächsten zwei Jahren werde ich eine Gruppe aufbauen und mich bei der Lehre engagieren. Außerdem möchte ich den Standort Hamburg so gut es geht kennen lernen und verstehen, wo ich mich am meisten einbringen kann. Ich freue mich sehr auf Hamburg, weil es hier eine ausgezeichnete experimentelle Infrastruktur für Forschung mit Röntgenstrahlen gibt und viele Möglichkeiten zur Vernetzung. Wegen der Corona-Maßnahmen verläuft diese Erkundungsphase quälend langsam, aber das wird sich mit der Zeit sicherlich bessern.